Warum Jacques Lacan zur Argumentation?
Warum, weil er den Riss am besten aufzeigt. Die Angst, die hier gemeint ist, ist keine Störung, die es zu behandeln gilt, sondern die Angst, die den Zugangsweg zum Lacan’schen Objekt klein a freigibt. Dieses Objekt klein a ist nicht wie die anderen Objekte. Also den Zugangsweg zum Objekt klein a, der nicht signifikant ist. Ebenso wie die Angst nicht signifikant ist. „Weil dieser Weg die gesamte Dialektik des Begehrens wieder zum Leben erweckt“ (Lacan Seminar X: 288). Der bekannte Antipsychiater Ronald Laing meinte, Lacan sei der letzte Strand, auf dem sich die Psychoanalyse verteidigt. Sicher ist, dass er die Psychoanalyse aus dem Korsett der Orthodoxie befreit hat aber auch eines immer weiterwachsenden Szientismus, gemeint die Übertragung der Naturwissenschaften auf die Geistes- und Sozialwissenschaften. Der homo analyticus des 20. Jahrhunderts droht vom „homo cerebralis“ abgelöst zu werden. Lacan besinnt sich dabei auf den frühen Freud und zeigt ihn als Visionär in sprach- und kommunikationswissenschaftlicher Ordnung; insbesondere die Genese des menschlichen Subjekts, die für diesen Text wichtig wird.
Warum Lacan zur Argumentation?
In L‘amour fou schreibt André Breton 1937, „Es geht darum, die Wege des Begehrens nicht wieder hinter sich zuwuchern zu lassen“ (Breton 1989: 38). Damit meint er, dass das Begehren nie zur Ruhe, zum Stillstand kommen darf.
Lacan sagt in seiner Ethik der Psychoanalyse „Ich behaupte, dass es nur eines gibt, dessen man schuldig sein kann, zumindest in analytischer Perspektive, und das ist, abgelassen zu haben von seinem Begehren.“ (Lacan 1959/60: 380). Der innerste Kern von Lacans Denken ist der Begriff des Begehrens, sagt Evans (Evans 2002: 53).
Somit ist das Wesen des Menschen sein Begehren, sein unbewusstes Begehren.
Ganz anders verhält sich des Menschen Bedürfnis, das er stillen will. Das Bedürfnis ist ein körperliches, ein biologisches, das vom Anderen gestillt werden soll. Das Schreien des Kleinkindes bei Hunger wendet sich an den anderen, der dadurch zunehmend Bedeutung erlangt als Symbol der Liebe des anderen.
Es entsteht damit verknüpft der Anspruch auf Liebe. Der Anspruch hat somit eine zusätzliche Bedeutung bekommen. Der Anspruch auf Bedürfnisbefriedigung kann gestillt werden, der Anspruch auf absolute Liebe des Anderen nicht.
Und dieser unbefriedigte Aspekt des Anspruchs, dieser Rest, diese Differenz ist das Begehren. „Das Begehren ist weder der Wunsch nach Befriedigung noch der Anspruch auf Liebe, sondern die Differenz, die bleibt, wenn das Erste vom Zweiten subtrahiert wird.“ (Lacan, EC: 691, zitiert nach Evans 2002: 55).
Ziel ist somit nicht die Erfüllung, sondern die Hervorbringung des Begehrens. Somit ist das Begehren immer das Begehren des Anderen. Geliebt zu werden in seinem menschlichen Wert anerkannt zu werden. Alexandre Kojève meint, dafür müsse das Subjekt sein Leben riskieren können.
Dies zeigt sich im Ödipuskomplex, wo das Begehren danach, Objekt des Begehrens des Anderen zu sein, sich darin ausdrückt, dass das Subjekt begehrt, der Phallus der Mutter zu sein. Das eigentliche Begehren ist somit ein inzestuöses nach der Mutter (Lacan, SE VII: 82). Kojève meint, es sei menschlich, das zu begehren, was die begehren, weil sie es begehren (Kojève 1975: 23).
Ich vermute, hier geht es eher um das Bedürfnis um eine Verdinglichung, die jenseits des unbewussten Begehrens liegt. Versuchen wir dennoch damit fortzufahren, um zum Thema des heutigen Mangels des Begehrens zu kommen. Das eigentliche Begehren ist ein inzestuöses nach der Mutter, sagt Lacan.
Er unterscheidet zwischen Begehren und Trieben, beide gehören dem Bereich des Anderen an.
Das einzige Objekt des Begehrens ist das Objekt klein a, nicht Ziel, sondern Grund des Begehrens durch vielfältige Partialobjekte in vielfältige